Hegel, Kojève, Fukuyama, Trump

Die Zeit:

In der Tat, für Hegel war Amerika das Land der Zukunft, ein Sehnsuchtsort für all jene, „welche die historische Rüstkammer des alten Europa langweilt“. Mit dem Sieg Amerikas, so Fukuyama, sei der Weltgeist in die Zielgerade eingebogen. Es existiere keine tragfähige Alternative mehr zum liberalen Westen, und über kurz oder lang würden alle Nationen seinen Werten nacheifern: der Freiheit, der Gleichheit, der Demokratie und, ganz wichtig, dem kapitalistischen Markt.

Es kam anders. Der Jugoslawien-Krieg und der islamistische Terror widerlegten die Behauptung vom Triumph des Liberalismus. Auch der chinesische Staats­kapitalismus machte keinerlei Anstalten zur nach­holenden Demokratisierung, und ausgerechnet Amerika, das von Hegel beschworene Zugpferd des progressiven Weltgeistes, legte 2003 mit dem Irak-Krieg die Axt ans Völkerrecht – das „Land der Zukunft“ demolierte die Hoffnung auf eine kooperative Weltordnung, die dem nationalen Egoismus Grenzen setzt. Und dann gewinnt auch noch der Immobilien­tycoon Donald Trump die Präsidentenwahl und hält seitdem die Predigt von America first.

Ω Ω Ω

Sobald ein Staat den Bezug zu seinen Idealen aufkündigt, war er in Hegels Augen vom Niedergang bedroht. Was also, wenn sich die Vereinigten Staaten von diesem Donald Trump nicht mehr erholen und die amerikanische Klassengesellschaft in einem kalten Bürgerkrieg erstarrt? Was, wenn sich das Musterland des angel­säch­sischen Liberalismus als unfähig erweist, die Macht der Finanzaristokratie zu brechen, die – in Hegels Worten – „unverhältnismäßige“ Konzentration von „Reichtümern in wenigen Händen“? Und was bedeutete das alles für die Laufrichtung des Weltgeistes?

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